Halenseer
August 5, 2022
Vor knapp 7 Jahren waren bereits ihm Seehotel zu Gast. Der See hatte noch einen recht niedrigen Füllstand, die Brücke ragte ins nirgendwo und der Ort schien auf dem Sprung. Das Hotel war vom Service wie vom Essen angenehm. Schon damals beschlossen wir, eines Tages wiederzukommen, um zu sehen was draus geworden ist. Wir hatten Freunden davon erzählt, so reisten wir erwartungsfroh zu viert an. Im Foyer empfing uns ein Odeur, dass an ungelüftete Kantinenküchen erinnerte. Das hätte uns eine Warnung sein können. Beim Einchecken erfuhren wir, dass wir unser gebuchtes Abendessen von 18:00 bis spätestens 19:30 einzunehmen hätten. Unsere Frage, ob wir auch später essen könnten, wurde mit der schlichten aber zwingenden Logik zurückgewiesen, weil die Küche um 20:00 schließe. Wenn man gerade einen Krankenhausaufenthalt hinter sich hat, mag das erfreulich spät sein. Zum Kuchen hatten wir u.a. Milchkaffee und Cappuccino bestellt; die Temperatur lag irgendwo zwischen Eiskaffee und heiß, der Geschmack war identisch (dünn). Aus welcher Quelle der angebotene Kuchen stammt, habe ich zwar mit der Rückwärtsbildersuche nicht ergründen können, bin mir aber sicher, dass er aus industrieller Produktion stammt. Für meine Frau kam wegen Allergien und Unverträglichkeiten nur eine von vier Torten in Frage. Das war die Eierlikörtorte. Das schien die schlechte Nachricht zu sein, entpuppte sich aber insofern als Glücksfall, als sie Eierlikör nicht wirklich mag und kaum einen Eierlikörgeschmack feststellen konnte. Bei 27 Grad war die schattige Terrasse "eigentlich" geschlossen, uns wurde das Gefühl vermittelt, dass wir immerhin gnadenhalber Platz behalten durften. Beim Abendessen stellte sich heraus, dass ausschließlich Buffet angeboten wurde (zu den 4-Sterne-Voraussetzungen zählt es, Essen à la Carte anzubieten). Dieses Angebot wurde in einem langen schmalen Gang dargereicht, der viele enge Kontakte mit ausnahmslos maskenlosen Gästen ermöglichte. Der oben erwähnten schlechten Luft wurde Restsauerstoff durch Brenner unter den Warmhaltbehältern entzogen. Unter dem Deckel des Behälters mit "Spätzle" wartete eine pappig-matschige Nudel-Paprika-Irgendwas-Sauce auf interessierte Kundschaft. Daneben ein Trog mit Pasta und einer offenkundig dünnen Tomatensauce - ohne Hinweise darauf ob fleischlich oder vegetarisch. Die waren für uns dann aber nicht mehr nötig, weil wir so (etwas) nicht essen mögen. Unsere Stimmung hellte sich erst beim Verzehr an einer Art besseren Imbiss in der Nähe auf. Nicht der Qualität des Essens wegen, sondern weil wir uns sofort einig waren, das Hotel am nächsten Tag - obwohl für zwei Nächte gebucht - zu verlassen. Beim Auschecken gab es seitens der Rezeption keinerlei Interesse daran, warum wir vorzeitig abreisten. Das konnten wir verstehen, denn ich hätte unsere Begründung auch nicht hören wollen. Wer einen umgekehrt proportionalen Zusammenhang zwischen Preis und Qualität zu schätzen weiß, ist in diesem Seehotel an der richtigen Adresse.
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